\“Mobile phones are going to become personal controllers for anything humans come in contact with. (…) It does not matter so much if it runs on Wi-Fi or some other technology; what matters is the content and the services.\“ (Kei-Ichi Enoki zit. nach: Fulford 2004)
Kaum ein Markt in Deutschland hat sich während der letzten Jahre so dynamisch entwickelt wie der Mobilfunkmarkt – und die Zukunft verspricht spannend zu werden. Immer mehr technische Innovationen, immer mehr Konvergenzen und der Wunsch nach mobiler Erreichbarkeit haben das Mobiltelefon zu einem enorm wichtigen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens werden lassen. Längst geht es nicht mehr um das reine Telefonieren; Zusatzfunktionen wie Terminplaner und Aufgabenverwaltung, Digitalkameras, MP3-Player und der mobile Internetzugang werden zunehmend zu einem Kaufkriterium und machen das Mobiltelefon zu einem kaum substituierbaren täglichen Begleiter vieler Nutzer.
Diese Aspekte werden häufig unter dem Begriff „Mobile Media“ subsummiert. Bestehende Definitionen sind für den vorliegenden Artikel nicht zielführend, da sie den Sachverhalt nicht eindeutig abgrenzen. Aus diesem Grund wird „Mobile Media“ folgendermaßen definiert:
„Mobile Media beinhalten mobile Datendienste und -inhalte sowie mobile Anwendungen, die über drahtlose Netzwerke vom Nutzer mit einem mobilen Endgerät sowohl aktiv abgerufen als auch passiv empfangen werden können“ (Wewezow 2006: 21).
Nach einer Studie von M.Metrics (2006: 3) wird „Mobile Media“ in Deutschland gegenwärtige wie folgt genutzt: 79,8 Prozent der Befragten versenden SMS, 20,1 Prozent versenden MMS, 6,6 Prozent abonnieren Klingelton-Downloads, 5,8 Prozent versenden E-Mails, 3,8 Prozent empfangen oder rufen Nachrichten und Informationen ab, 2,8 Prozent abonnieren Hintergrundbilder oder Bildschirmschoner und 2,6 Prozent laden mobile Spiele herunter.
Allein mit dem Download von Klingeltönen, Logos und Spielen haben die Anbieter des so genannten „Mobile Entertainments“ im Jahr 2003 über 600 Mio. Euro umgesetzt – Tendenz steigend. Bis 2008 soll sich sogar der Umsatz mehr als verdoppeln. SMS und MMS, die schon fast zu den „klassischen“ Mobilfunkdiensten gezählt werden können, sind deutschlandweit in nur einem Jahr über 24 Mrd. Mal versendet worden; das sind über 65 Mio. SMS und MMS täglich (vgl. Dialog Consult/VATM 2006: 4).
95 von 100 Deutschen besaßen im Jahr 2005 ein Mobiltelefon, was einer 95-prozentigen Penetrationsrate entspricht (vgl. TNS Infratest 2006: 7f.). Es ist absehbar, dass auch Mobile Media in Deutschland zukünftig von einer zunehmend breiteren Masse an Konsumenten genutzt und somit zu einem bedeutenden Umsatztreiber in der TIME-Branche werden wird. Insbesondere von der UMTS-Technologie wird viel erwartet, da sie aufgrund höherer Datenübertragungsraten mehr auf Datentransfer als auf Sprachkommunikation ausgelegt ist, allerdings bedarf es hierfür einer intensiveren Nutzung der Marktpotentiale (vgl. Berke 2004: 56). Obwohl im Jahr 2006 im Mobilfunkbereich 29,2 Mrd. Euro umgesetzt wurden, was einem Anteil von 30,4 Prozent am Gesamtmarkt von Telekommunikations- dienstleistungen entspricht, sinkt der durchschnittliche Kundenumsatz (ARPU) seit 1995 kontinuierlich (vgl. Dialog Consult/VATM 2006: 4; dazu auch Magazin Tendenz 2004; Bundesnetzagentur 2004), denn von den zahlreichen Mobile Media-Angeboten nutzen die Konsumenten meist nur einen kleinen Teil. Dies ist unter anderem dadurch bedingt, dass nicht alle Konsumenten Zugriff auf Mobile Media haben. Ältere Mobiltelefone unterstützten viele „innovative“ Funktionen nicht, das heißt die Nutzer müssten sich neue Endgeräte anschaffen, um die Features überhaupt nutzen zu können (vgl. Berke 2004: 56).
Mobile Kommunikation
Erst die zunehmenden Übertragungsbandbreiten mobiler Kommunikation (wie z. B. UMTS), die ubiquitäre Netzabdeckung, die digital verfügbaren Inhalte und die technische Weiterentwicklung und Konvergenz mobiler Endgeräte ermöglichen es dem Nutzer auf eine Fülle von Mobile Media zugreifen zu können. „Bunter, bewegter und lauter – so lassen sich die Attribute der neuesten Generation von mobilen Datendiensten charakterisieren“ (Alker 2004: 1). Nutzer können heutzutage mit mobilen Endgeräten bis zu 27 verschiedene „mobile Datendienste und -inhalte“ sowie bis zu 15 „mobile Anwendungen“ konsumieren (vgl. TNS Infratest 2006: 28 ff.). Dieses enorme Mobile Media-Angebot erweckt den Eindruck, dass für jeden Nutzer und jede Nutzergruppe zielgruppenadäquate Mobile Media vorhanden sein sollte, um die vorhandenen Marktpotentiale ausschöpfen zu können.
Doch aufgrund der Angebotsvielfalt von Mobile Media und der steigenden Funktionalität von mobilen Endgeräten nimmt die Komplexität zu, wodurch für viele Nutzer das Erlernen und die Handhabung dieser „Neuen Medien“ erschwert wird. Dadurch werden die Nutzer gezwungen, zum einen immer mehr Zeit und Aufmerksamkeit aufzuwenden und zum anderen in ihrer Medienzuwendung aktiver und selektiver zu werden (vgl. Schweiger 2002: 159).
Bisherige Studien untersuchten insbesondere die Art und den Umfang der Nutzung mobiler Endgeräte und Mobile Media (wie z. B. SMS, MMS und Klingeltöne) von Jugendlichen (vgl. dazu auch Döring 2002a, 2002b, 2005a, 2005b; Feldhaus 2004; Fritzsche 2000; Grinter/Eldrige 2003; Höflich 2001; Höflich/Rössler 2000; Lasen 2005; Ling 2004; Miyaki 2005; Schlobinski 2001; Smart Research 2004; Van House/Davis/Ames/Finn/Viswanathan 2005); dagegen wurde die Zielgruppe der 50- bis 65-Jährigen bislang eher am Rande oder gar nicht betrachtet.
Über ihre Nutzung von Mobile Media ist wenig bekannt, außer, dass sie Mobile Media wenig bis gar nicht nutzen. Nur 12 Prozent der über 50-Jährigen haben Interesse an einem „Alleskönner“, der Telefon, TV, PC, Internet und E-Mail integriert, bei den 14- bis 19-Jährigen sind es hingegen 69 Prozent (siehe Abbildung 1) (vgl. British American Tobacco 2002).
(Quelle: British American Tobacco 2002)
Untersuchungen haben gezeigt, dass jüngere Nutzer bei der Adaption von Innovationen aus der TIME-Branche weniger Probleme haben als ältere. Das Mobiltelefon dient den Jugendlichen zum einen als Ausdruck ihres mobilen Lebensstils und ihrer Technikoffenheit, zum anderen als Statussymbol, um ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Referenzgruppe zu demonstrieren (vgl. Höflich 2001: 4). Diese persönlichen Faktoren fördern wiederum die Identifikation der Jugendlichen mit ihrem Mobiltelefon und die Akzeptanz und Nutzung von Mobile Media.
Eine digitale Kluft in Deutschland
Laut eigener Angaben versenden z. B. Jugendliche durchschnittlich vier und empfangen fünf SMS pro Tag, was dazu führt, dass „Simsen\“ für sie die wichtigste Funktion darstellt (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2005: 51). Vergleicht man diese Ergebnisse zur Nutzung von Mobile Media, so scheint es in Deutschland zwischen jüngeren und älteren Nutzern eine „gespaltene Mediengesellschaft“ („digital divide“) zu geben (vgl. Marr 2004; Kubicek/ Welling 2000). Nach Aussage von Opaschowski stoßen in dieser Gesellschaft „neue Medientechnologien auf alte Medien- gewohnheiten. (…) Die Medien entwickeln sich weiter, die meisten Menschen aber bleiben stehen. An das TV-Programm zwischen Nachrichten, Spielfilm und Unterhaltung haben sie sich ein Leben lang gewöhnt. Sie wollen daher gerne alles beim Alten belassen\“ (British American Tobacco 2002). Ein weiterer möglicher Grund für die geringe Nutzung von Mobiltelefonen durch ältere Menschen könnte sein, dass sie „(…) dem Zeit- und Stressfaktor, der Info-Falle und dem Erreichbarkeitswahn den Kampf an[sagen], damit aus der Entlastung keine Belastung wird. Sie verweigern sich“ (British American Tobacco 2002).
Am Beispiel des seniorengerechten Mobiltelefon-Modells „Katharina die Große“ kann veranschaulicht werden, dass einige wenige ITK-Unternehmen zum einen das Marktpotential der über 65-Jährigen erkannt und zum anderen festgestellt haben, dass sie zur Erschließung dieser Zielgruppe zunehmend auf deren Bedürfnisse eingehen sollten. Es wurde „bewusst auf Funktionen wie Internet, Kamera (…) Spiele, Radio, Musik etc. verzichtet, um das Handy auf das Wesentliche zu konzentrieren – nach dem Motto: Weniger ist mehr!“ (Innovationsreport 2006).
Daher drängt sich die Frage auf, ob die Zielgruppe der 50- bis 65-Jährigen im Gegensatz zu den anderen Zielgruppen von Innovationen im TIME-Bereich ausgeschlossen sein könnte. Die Zielgruppe der 50- bis 65-Jährigen verfügt über ein bislang kaum ausgeschöpftes Marktpotential. Eine Erschließung durch TIME-Anbieter könnte daher ökonomisch sinnvoll. Umsetzbar wäre dieses Ziel durch die Entwicklung adäquater Mobile Media-Angebote für diese Zielgruppe.
Autor: Christian Wewezow, Auszug aus der noch unveröffentlichten Magisterarbeit mit dem Titel \“My Mobile Media? Eine empirische Untersuchung zur Nutzung mobiler Medieninhalte und -dienste in der Zielgruppe der 50- bis 65-Jährigen\“, Friedrich-Schiller-Universität Jena, 2006.